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Aktuell: Großes Insektensterben im Ostalbkreis dank der "guten fachlichen Praxis" der Forstwirtschaft

Veröffentlicht am 17.05.2019

Dies ist ein Nachruf auf 300.000.000 bis 1 Milliarde Insektenlarven die mit Bioziden aus der Luft besprüht wurden!

Sie wollens nicht lassen - Insektensterben durch großflächige Spritzmittelaktionen

(siehe http://www.lepiforum.de/2_forum_2017.pl?page=1;md=read;id=14810)

Alle Versuche, zu verhindern, dass im Ostalbkreis die Anwendung von Bt-Spritzmitteln großflächig über 260 ha Wald zum Einsatz kommt, waren leider erfolglos. Am Dienstag wurde das Gebiet trotz starker Windböen von der Luft aus besprüht. Dies nicht punktuell zum Schutz des Menschen, wie es meiner Ansicht nach Abwägung unter gewissen Umständen noch vertretbar wäre (auch wenn es bessere Methoden gibt wie das Absaugen der Raupen), sondern großflächig auf vielen Hektar zum Pflanzenschutz, also eigentlich nur, um wertvolles Eichenstammholz keinem Streß auszusetzen.

Wie im Ostalbkreis werden jetzt in verschiedenen Gegenden Deutschlands, wo gegen den Eichenprozessionspinner gespritzt wird, gleichzeitig große Mengen anderer Schmetterlingslarven verenden, bzw. sind es schon, z.B. auch der Eichenzipfelfalter, Der Ulmenzipfelfalter, der Große und Kleine Schillerfalter, der Kleine Eisvogel und v.a. , soweit sie im Gebiet in den letzten Jahren vorgekommen sind  und es ihrem natürlichen Verbreitungsareal entspricht. Und wenn sie seit einiger Zeit nicht mehr vorkommen, kann man ahnen, warum nicht. Es sind nicht nur die Neonikotinoide in der Landwirtschaft oder der Verlust an Lebensraum durch Bebauung und Flächenversiegelung, nein auch die sogenannte nachhaltige Forstwirtschaft trägt ihren Teil zum Insektensterben bei. 

Wie lange und in welchem Umfang werden wohl schon über die Jahre Pflanzenschutzmittel allzu großzügig und großflächig gesprüht in angeblich "guter fachlicher Praxis"? Rechtfertigt oder vermindert eine Risikoanalyse der FVA wirklich solche Einsätze? Im Gegenteil, es wurde sogar aufgrund dieser Risikoanalyse und Empfehlung noch dazu aufgerufen, sich als Waldbesitzer zu melden, wer auch das Spritzmittel für seine Flächen möchte. Vielleicht gab es Waldbesitzer, die von selbst gar nichts gemacht hätten, aber dieses Angebot nicht verpassen wollten?

Biozide wie Bt (hier: Bacillus thuringiensis subsp. kurstaki), sind vielleicht etwas besser als die chemische Keule, aber deshalb noch lange nicht unschädlich auf Nichtzielinsekten. Sie wurden entwickelt, um Insekten zu vernichten und sind mit Sicherheit nicht so spezifisch, wie manche vorgeben, das sie es seien.

Zitat FVA Freiburg vom 29.04.2019 (aus https://www.ostalbkreis.de/sixcms/media.php/26/EPS_Risikoanalyse-BT-Ostalbkreis.pdf): "Eine Begleitwirkung auf Nichtziel-Organismen ist aufgrund der selektiv auf Schmetterlingsraupen beschränkten Wirkungsweise des Wirkstoffes als gering anzusehen (Aufnahme durch Raupenfraß, keine Kontaktwirkung). Jedoch kann für Schmetterlingsraupen, welchen die Eiche als Nahrungsgrundlage dient und die zeitgleich mit den ersten beiden Larval-Stadien des EPS vorkommen, eine Begleitwirkung nicht vollumfänglich ausgeschlossen werden." Das heißt im Klartext: Es werden andere Arten mitvernichtet!

Ich möchte hier ein Rechenbeispiel von Erwin Rennwalds offenen Brief an den Landrat des Ostalbkreises vom 09.5.2019 aus der oben genannten Quelle (lepiforum) zitieren:

"Auf den 260 ha wachsen ca. 770 Bäume pro Hektar, also rund 200.000 Bäume. Bei im Schnitt 5.000 Raupen und anderen fressenden Insekten pro Baum (was im Mai sehr konservativ gerechnet ist), sind das dann 1.000.000.000 (= 1 Milliarde) fraßaktiver Insekten, die ihrer Sprühaktion ganz direkt ausgesetzt sind. Selbst wenn nur 30 % davon vernichtet werden, sind das 300.000.000 Tiere. Wie viele Vögel und Fledermäuse davon hätten ernährt werden können, dürfen Sie selbst abschätzen. Es sind gewaltig viele! Würden alle Raupen den Blaumeisen zur Verfügung stehen, könnten diese rund 40.000 Blaumeisen-Junge aufziehen." 

Sind unsere Wälder auch schon zur einer Art Insektenwüste geworden, so wie die großflächigen artenarmen Agrarwüsten um uns herum? Können nur die überleben, gegen die wir Menschen noch kein Mittel erfunden haben oder die schon Resistenzen entwickelt haben?

Welch große Auswirkungen hat so eine Spritzaktion auch auf die verschiedenen Insektenfresser in dem Gebiet (Vögel, Fledermäuse und andere Kleinlebewesen)? Ist das die "gute" fachliche Praxis der Land- und Forstwirtschaft? Ist es wirklich wichtiger, maximalen Profit aus dem Stammholz zu zielen, als das Ökosystem Wald in seiner Funktionsfähigkeit stehen zu lassen und sich lieber wirklich nachhaltig den Wald zunutze zu machen ohne gleich massiv einzugreifen und ihn zu schädigen?

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